Förderpreis für elektronische Musik in der Kirche wird verliehen
Am Freitag, 13. Juni, wird in der Stuttgarter Stiftskirche im Rahmen der „Stunde der Kirchenmusik“ der Förderpreis für elektronische Musik in der Kirche verliehen. Bereits zum fünften Mal werden aktuelle musikalische Entwicklungen und computergestützte Kompositionstechniken auf die Besonderheiten der Stiftskirche treffen.
Der Förderpreis ist eine Zusammenarbeit vom Popbüro Stuttgart, der Evangelischen Landeskirche in Württemberg und des Evangelischen Bezirkskantorats Stuttgart. Für das Popbüro ist sowohl der Kirchen-Raum interessant als auch das Thema selbst: elektronische Musik für einen sakralen Raum zu schaffen. Dabei geht es nicht nur darum, dass sich die Klänge in einer Kirche gut anhören. Es werden ausdrücklich „Inputs“ aus den verschiedenen Bereichen der Kirchenmusik (Gesangbuch, Psalmen, Chorsätze, Liedzitate etc.) in den Stücken erwartet. Damit wird auch experimentiert: So finden sich oft Orgelklänge in den Werken oder Anleihen an die Gregorianik, die Kirchenmusik der frühen Christenheit.
Große Bandbreite der Stücke
Viele junge Künstler reichen ihre Stücke bei dem Wettbewerb ein, manchmal sind es noch Schüler, die in Bands spielen und Erfahrungen mit dem PC und entsprechenden Musikbearbeitungsprogrammen haben. Aber auch Kompositionsstudenten oder Absolventen des Zentrums für Kunst und Medientechnologie (ZKM) in Karlsruhe stellen sich dem Wettstreit. Für viele Komponisten ist es auch eine Rückbesinnung auf alte Verbindungen zur Kirche. So hat ein Bewerber bei einer der letzten Ausschreibungen als Basis für sein Werk den Choral „Morgenglanz der Ewigkeit“ von Johann Rudolf Ahle verwendet – dieses Lied hat ihn durch seine Konfirmandenzeit begleitet. Michael Fiedler, einer der Vorjahrespreisträger, ist ein Fan von Johann Sebastian Bach. Darum hat er Versatzstücke eines Chorals von Bach neu gemixt. „Das Thema reizt mich schon seit der ersten Ausschreibung“, so Fiedler. Seit 2004 ist er jedes Jahr dabei, hat aber erst 2007 einen Preis erhalten. Damit die Stücke in der Stiftskirche gut klingen, werden sie quasi passend zugeschnitten. „Man muss an den Raum richtig rangehen“, sagt Michael Fiedler. Das bedeutet auch, dass die Stücke meist auch nur dies eine Mal aufgeführt und nur dafür komponiert werden. Die Künstler bekommen jedoch über den Wettbewerb wiederum Kontakte. So spielte eine Gruppe aus den früheren Ausscheidungen in diesem Jahr zu Pfingsten bei der langen Nacht der Kirchen erneut in der Stiftskirche.
„Musik für den sakralen Raum“ ist ein weiter Begriff
Den Begriff der Musik für den sakralen Raum versteht Kirchenmusikdirektor und Mitglied der Jury Kay Johannsen „ganz weit“. Es sei auch weniger an eine weitere kirchenmusikalische Verwendung gedacht. Ihm geht es eher darum, die „Leute damit zu konfrontieren, was Kirche ist. Die Kirche war in früheren Jahrzehnten immer vorne dran, was Kunst angeht“. Von daher sieht er das Ganze auch eher avantgardistisch. Für Johannsen ist es wichtig, dass auch experimentelle Künstler „einmal in ihrer Entwicklung bei uns vorbeischauen“. Einige frühere Preisträger greifen immer wieder kirchliche Themen auf oder schicken auch außerhalb des Wettbewerbes Stücke an ihn. Das sind für ihn wichtige Eindrücke: „Alles beeinflusst mich.“ Zwar wird er als Musiker der Klassik treu bleiben, aber aus kirchenmusikalischer Sicht ist es für ihn interessant, wie andere an solche Musik herangehen.
Vor fünf Jahren entstand der Wettbewerb durch eine Idee von Kay Johannsen und Mini Schulz, damals künstlerischer Leiter des Pop-Büros und heutiger Professor für Popmusik an der Musikhochschule Stuttgart. Sowohl der moderne Computer als auch das klassische Kircheninstrument Orgel stellen letztlich nur andere Instrumente dar (Trompeten, Pfeifen). Diese Tatsache bildet das Bindeglied zwischen elektronischer Musik und Kirchenmusik, mit dem man neue Leute für das Thema gewinnen kann, so Paul Woog vom Pop-Büro.
Bei der Präsentation am Freitag, dem 13. Juni, werden die Preisträger-Stücke live gespielt. Auf das Abspielen der CDs, mit denen sich die Gewinner beworben haben, wird verzichtet, um einer kirchenmusikalischen Aufführung nahe zu kommen. Innerhalb der Veranstaltungsreihe „Stunde der Kirchenmusik“, welche in diesem Jahr 50 Jahre alt wird, gibt es für das Preisträgerkonzert nur ein kleines, aber feines Publikum. „Aber wir wollen nicht nur museal sein, sondern uns auch was trauen“, sagt Kay Johannsen zuversichtlich.
Der Preis ist mit jeweils 500 Euro dotiert, vier Komponisten werden damit ausgezeichnet. Die Ehrungen werden vom Kulturamtsleiter der Stadt Stuttgart, Dr. Wolfgang Ostberg, überreicht.
(c) Jens-Erik Paul 2008für Pressestelle der Ev. Landeskirche in Württemberg