Auf ihrer Jagd nach Einschaltquoten machen Fernsehsender heutzutage vor nichts mehr halt. Ob in Talkshows Menschen seelisch fertig gemacht werden oder man sich das reale Sterben eines Mörders anschauen kann: Was zählt ist Quote, nicht Menschlichkeit.
Die amerikanische „Springer“- Show ist wohl weltweit die erniedrigendste Talk-Show. Kritiker nennen sie die schlimmste Sendung in der Geschichte des Fernsehens. Es fliegen nicht nur die derbesten Schimpfwörter, es fliegen Fäuste. Zwar gibt es keine (Schwer-) Verletzten, aber nur deshalb, weil jeder, der das Studio betritt, wie auf dem Flughafen nach Warfen untersucht wird. Seine Themen heißen: „Ich hab‘ ein Baby von deinem Mann“ oder „Ich schlafe mit der 13jährigen Tochter meiner Ex-Frau“. Springer ist es wichtig, das es hart zur Sache geht, Emotionen, die hochkochen können, hochkochen müssen. Springer: „Dies ist keine Talkshow. Hier wird nicht getalkt. Hier wird geflucht und mit Sachen herumgeschmissen, die die Leute gerade zur Hand haben. Was wir hier machen, ist professionelles Wrestling“. Damit es so emotional werden kann, müssen Menschen aufeinander gehetzt werden. Beliebtes Spiel: eine Dreiecksbeziehung. Eine davon endete tödlich: Nancy Campbell-Panitz wurde, nur Stunden nach der Aufzeichnung, tot aufgefunden. Sie meinte, sie könne sich ihren geliebten Mann zurückholen, der längst eine andere hatte. Campbell-Panitz erfuhr, dass sie nicht mehr gefragt sei, weil sie alt und fett sei, dies alles aus dem Mund des Moderators Springer.
„Wir bereiten uns auf die größte Show des Jahres vor“ – gemeint ist die Liveübertragung der Hinrichtung des Mörders Timothy McVeigh im Bundesgefängnis von Terra Haute (Indiana). Hier wird von CBS alles aufgeboten, was man sich nur denken kann, und sogar noch mehr: Nicht nur die reine Exekution McVeighs soll möglichst gezeigt werden, auch Schaltungen aus den Wohnzimmern der Angehörigen seiner Opfer soll es geben. Außerdem soll das Thema bereits eine Woche vorher angeheizt werden mittels Liveberichten aus dem Zuchthaus. Die zuständige Justizbehörde will zwar angeblich die direkte Live-Übertragung der Hinrichtung noch stoppen, allerdings nicht aus ethischen Gründen: „Wir haben kein Interesse daran, mit Live-Übertragungen in Amerikas Wohnzimmer Abscheu und eine Diskussion um die Todesstrafe auszulösen“.
Vor kurzem bekannte die Königin der amerikanischen Talkshows, Oprah Winfrey: „Wir werden bald Geschlechtsverkehr sehen im Fernsehen. Und es würde mich nicht wundern, wenn sich Menschen live gegenseitig umbringen.“
All dies geschieht, weil die Sensationsgier der Zuschauer (angeblich) nach solchen Berichten verlangt. Aber andererseits ist allerorten Abscheu gegen diese Art von Berichterstattung zu hören. Wo liegt die Wahrheit? Wir selbst haben es auch in der Hand: Wenn wir solche Sendungen, solche Zeitschriften etc. nicht mehr konsumieren und damit die Quote für menschenunwürdige Sendungen / Berichte / Shows ins Bodenlose sinken lassen, dann… Aber vielleicht haben wir ja auch Spaß daran!
(c) Jens-Erik Paul 2001für www.predigten.de